Zahnsteinentfernung und Parodontosebehandlung
Was ist Zahnstein eigentlich?
Wodurch entsteht er? Warum sollte er entfernt werden, obwohl das doch ziemlich
unangenehm ist? Was kann man als Patient selbst tun?
Bestimmte Bakterienarten in der
Mundhöhle nutzen die Nahrung des Menschen, um für sich einen Vorrat anzulegen.
Da in ihnen selbst dafür kaum Platz ist, bilden sie außerhalb ihrer „Zellkörper“
ein Netzwerk aus Zuckermolekülen, welches nicht wasserlöslich ist. Daher
widersteht es auch dem Speichel. Zahnärzte sprechen von der bakteriellen Plaque.
Die sich darin befindlichen Bakterien haben sich nun auf diese Weise selbst
beste Lebensbedingungen geschaffen, denn ihr Nahrungsangebot überbrückt jetzt
auch die Zeiten zwischen den Mahlzeiten des Menschen.
Das Stoffwechselprodukt
Milchsäure der Bakterien wirkt in der Plaque auf diese Weise Tag und Nacht auf
die Zahnoberfläche ein und löst die Minerale heraus- Karies entsteht. Ziemlich rasch würden die Zähne
von der Milchsäure aufgelöst werden, wenn nicht der Speichel Minerale enthielte,
die die herausgelösten Minerale auch wieder ersetzen können. Aber auch im Netzwerk der
Zuckermoleküle, der bakteriellen Plaque, lagern sich die Minerale ab.
Aus den weichen Belägen werden
harte- der Zahnstein. Zahnsteinbildung ist also verbunden mit der Schutzfunktion
des Speichels für die Zähne. Daher sind die Minerale, aus denen der Zahnstein
besteht, auch nicht gefährlich für Zähne und Zahnfleisch. Leider hat der
Zahnstein aber eine sehr poröse Oberfläche, in deren Poren sich massenhaft
Bakterien befinden- und diese Bakterien sind es, die Zahnfleischentzündungen
hervorrufen. Ein ganz wesentliches Entzündungszeichen ist das Bluten des
Zahnfleisches.
Im Unterschied zu den weichen
Belägen kann Zahnstein vom Patienten nicht mehr selbst mit der Bürste entfernt
werden. Auf relativ angenehme Weise ist dies mit dem
Ultraschallzahnsteinentferner in der Praxis möglich. Vor der Einführung der
Ultraschallgeräte konnte Zahnstein nur mit Handinstrumenten von der
Zahnoberfläche abgekratzt werden, was langwierig und sehr unangenehm war. Bei
Patienten, die auch die heute mögliche Ultraschallreinigung als zu unangenehm
empfinden, kann lokal eingespritzt oder auch Anästhesiegel aufgetragen werden.
Es erhebt sich natürlich die
Frage, warum die Zahnfleischentzündung und das damit verbundene Bluten überhaupt
behandelt werden sollten: Bei guter Immunabwehr, insbesondere bei jüngeren
Patienten, kann die Zahnfleischentzündung sehr ausgeprägt und damit auch
durchaus schmerzhaft sein. Bei weniger guter Abwehrlage und äußerlich geringerer
Entzündung hingegen beschränkt sich der Krankheitsprozeß nicht auf das
Zahnfleisch, sondern greift auf die bindegewebige Befestigung
der Zähne und sogar den Knochen
über- die Zähne werden locker und fallen schließlich aus- das ist das, was als
Parodontose bezeichnet wird (korrekt müßte es Periodontitis heißen).
Als Patient bleibt einem selbst
nur, die Beläge wegzuputzen, bevor sie mineralisieren und hart werden- am besten
mit einer in der Praxis individuell erarbeiteten Bürsttechnik.
Wie wichtig ist denn nun eine
individuelle Bürsttechnik? Kann man mit ein wenig Sensibilität für die eigene
Mundhöhle sich nicht selbst eine geeignete Technik ausdenken und
anwenden? Interesse für die eigenen Zähne
oder auch die eigene Prothese und dementsprechende Motivation sind natürlich
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mundhygiene.
So wenig, wie man sich aber
selbst komplett untersuchen kann- auch Zahnärzten gelingt das mit 2 Spiegeln nur
unzureichend- so wenig wird man bei sich selbst alle Bereiche erkennen können,
wo sich Zahnbelag und Zahnstein gebildet haben. Am einfachsten sind die
Putzregeln zumeist für Kinder aufzustellen, insbesondere dann, wenn keine
größere kieferorthopädische Problematik vorliegt.
Kinder haben, wenn Probleme mit
der Mundhygiene vorliegen, auch eher eine zu geringe Motivation als
Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Bürsttechnik. Anders hingegen sieht es bei
Erwachsenen aus, insbesondere, wenn bereits Befestigungsverlust der Zähne
eingetreten ist. Eine erfolgreiche Parodontosebehandlung ist zu 90% von der
Umsetzung der erarbeiteten Bürsttechnik abhängig und nur zu 10% von den
Maßnahmen des Zahnarztes! Das konsequente Säubern der
Zahnzwischenräume und auch, wenn umsetzbar, der Zahnfleischtaschen in Richtung
Wurzelspitze, kann nur individuell erarbeitet werden.
Wenn sich die
Zahnsteinentfernung mittels Ultraschall auf den Zahnstein beschränkt, der
oberhalb des Zahnfleischsaumes den Zähnen anhaftet, so wird bei der
Parodontosebehandlung angestrebt, daß alle harten und weichen Beläge- der
Biofilm- auch unterhalb des Zahnfleischsaumes in den Zahnfleischtaschen entfernt
werden. Dazu kann ebenfalls Ultraschall zum Einsatz kommen, auch in Kombination
mit antibakteriellen Spülflüssigkeiten. In den meisten Fällen sind
weitergehende operative Maßnahmen nicht nötig. Moderne Verfahren der gesteuerten
Geweberegeneration können aber eine sehr sinnvolle Ergänzung sein und über das
therapeutische Ziel, den Befestigungsverlust zum Stillstand zu bringen, hinaus,
auch neuen Knochen und Zahnhalteapparat aufbauen.
Studienergebnisse legen nahe,
daß mit einem vierteljährlichen Recall mit Zahnsteinentfernung in fast allen
Fällen das Voranschreiten des Befestigungsverlustes aufgehalten werden kann. Die
praktische Erfahrung zeigt jedoch, daß dies von den meisten Patienten auf Dauer
nicht realisiert werden kann, so daß wenigstens 2 mal im Jahr eine
Zahnsteinentfernung als Erhaltungstherapie erfolgen sollte.
Kassenleistung ist seit 2004
aber nur eine einmalige Zahnsteinentfernung im Jahr- zu wenig für die meisten
Patienten! Zahnarzt und Patient sollten daher nach unserer Meinung gemeinsam
nach Möglichkeiten suchen, die mehrfache Zahnsteinentfernung im Jahr zu
realisieren. Die Zahnsteinentfernung auf die einmalige Leistung bei den
gesetzlichen Krankenkassen zu beschränken, unabhängig von der medizinischen
Notwendigkeit, sollte nicht die Folge dieser fragwürdigen Reform darstellen!
Unbedingt erwähnt werden sollte
auch, daß bei Rauchern mit schwererem Verlauf und schlechteren
Heilungschancen der Parodontose gerechnet werden
muß.